Beim Klimaschutz muss jeder selber ran

Veröffentlicht am:

Diskussion zum Abschluss der Klimawochen mit mehr als 100 Zuhörern

Viechtach. Mit einer Podiumsdiskussion am Dienstagabend im Pfarrsaal sind die Klimawochen im Landkreis Regen zu Ende gegangen. Sachlich, nachdenklich, manchmal auch emotional und leidenschaftlich waren die Beiträge von Landrat Michael Adam, Stadtpfarrer Dr. Werner Konrad, Dr. Bernhard Widmann vom Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ) in Straubing sowie Heinrich Schmidt als Vorsitzender des Naturparks Bayerischer Wald, die sich zum Thema „angewandter Klimaschutz in der Region“ äußerten.

Organisator Dr. Wolfgang Schlüter freute sich über mehr als 100 Zuhörer. Er informierte zunächst über den Treibhauseffekt und den Klimawandel. Dass die derzeitige Erderwärmung menschengemacht ist, sei inzwischen belegt. Wetterextreme machen deutlich: „Wir müssen handeln!“ Düstere Szenarien seien vorstellbar, doch der Weltklimavertrag von Paris 2015 mache Hoffnung, da alle Staaten sich das Ziel gesetzt haben, die Erderwärmung unter 2 Grad Celsius zu halten. Zur Erreichung dieses Ziels müsse eine „Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft“ eintreten. Moderatorin Manuela Lang fragte etwa in die Runde, wie die Umstellung von fossiler Energiegewinnung auf erneuerbare Energien vorangehe. Dazu meinte Dr. Widmann, deutschlandweit seien inzwischen 15 Prozent des Energiebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt, bis 2050 solle deren Anteil auf 60 Prozent erhöht werden. Doch das Wichtigste sei nicht die Umstellung, sondern die Drosselung des Energieverbrauchs allgemein. „Erneuerbare Energien decken 30 Prozent des Stromverbrauchs, 15 Prozent des Wärmeverbrauchs, aber nur fünf Prozent im Bereich Mobilität. Es muss eine Wärmewende, eine Mobilitätswende erfolgen!“

Auf die Frage, warum der Energieberatungsgutschein des Landkreises Regen so wenig nachgefragt werde, antwortete Landrat Adam, das Thema Energiewende sei noch nicht in der Breite der Bevölkerung angekommen. Der Landkreis Regen habe einen Energienutzungsplan und ein Klimaschutzteilkonzept erstellt, bei den eigenen Liegenschaften sei die Energieeffizienz deutlich verbessert worden. Enttäuscht zeigte er sich, dass die Windkraftnutzung im Landkreis durch die 10H-Regelung „beerdigt“ worden ist. Heinrich Schmidt schwärmte vom immensen Wald-Potenzial der Region. Durch den riesigen Holzzuwachs pro Jahr sei der Nachhaltigkeit bei der wirtschaftlichen Nutzung noch lange keine Grenze gesetzt. Darin gab ihm auch Dr. Widmann recht: „Vom Raubbau sind wir weit weg!“

Von Pfarrer Konrad wollte die Moderatorin wissen, wie man den Menschen dazu bringen könne, Energie zu sparen. Er bezweifelte, dass das ohne einen gewissen Druck möglich ist. Man könne nicht nur auf den Idealismus der Menschen setzen, oft seien lenkende politische Vorgaben notwendig.

Zum E-Wald-Projekt sagte Adam, es sei ein gefördertes Forschungsprojekt gewesen, das nun mit privaten Partnern weitergeführt werde. Dr. Widmann bedauerte die mangelnde Richtungsänderung in der deutschen Autoindustrie, war aber der Meinung, dass in der Bevölkerung ein Bewusstseinswandel erfolge: „Für die jüngere Generation ist das Auto nicht mehr das Symbol für Freiheit und Wohlstand.“ Die Zukunft liege darin, sich mehr vom Individualverkehr zu lösen, etwa mit Carsharing.

Im Straßenausbau ist laut Adam ein Umdenken weg von Neutrassierungen hin zum Bestandsausbau erkennbar. Schmidt merkte daraufhin mit deutlichem Bezug zur Straßensituation in Viechtach an, man brauche aber auch keinen „gigantomanischen“ Ausbau mehr.

Auch, wie die Tourismusbranche dem Klimawandel und der angestrebten Energiewende begegne, war Thema. Laut Schmidt nimmt der naturnahe Tourismus deutlich zu. Dazu trage auch die Eisenbahn bei. Landrat Adam sagte, dass der Tourismus in der Region sich aufspalte in einerseits „sanften Tourismus“ mit ÖPNV-Nutzern und andererseits „Wellness-Tourismus“, bei dem die Leute mit dem Auto vor die Hoteltür fahren. Aber auch die Wellness-Tempel in der Region setzen auf erneuerbare Energien. Trotz zukünftigem Schneemangel prognostizierte Widmann dem Bayerwald gute Chancen für den Tourismus, sei er doch nicht nur für Skifahrer, sondern auch für Wanderer sehr attraktiv.

Dem stimmte Pfarrer Konrad zu; der Mensch brauche Gebiete, wo er nicht nur sich selber begegne, sondern auch der Natur, vor allem der sich selbst überlassenen Natur wie im Nationalpark. „Wildnis zulassen, das ist ein kühnes Experiment. Und das birgt auch großes touristisches Potenzial. Massentourismus wäre kontraproduktiv.“ Landrat Adam warb für das vom Landkreis initiierte „Schaufenster der Regionen“, bei dem für regionale Produkte geworben wird.

Widmann beklagte im Hinblick auf Konsum und Ernährung die zunehmende „Verpackungswut“ mit viel Plastikmüll. Mit individuellen Schritten solle hier entgegengesteuert werden. Schmidt blickte mit Sorge auf die Tendenz zu immer größeren landwirtschaftlichen Betrieben; die schädlichen Umweltfolgen von Methan und Lachgas seien nicht zu unterschätzen. Widmann hakte ein, man solle in Bezug auf die Landwirte nicht zu schwarz-weiß denken. „Wir als Kunden müssen die Landwirtschaft wertschätzen, keine Billigprodukte kaufen!“ Gerade bei den Essgewohnheiten und beim Konsum könne jeder Einzelne mitgestalten. Adam sagte, für ihn stehe beim Konsum die Regionalität vor der ökologischen Herstellung. Ihm sei sehr wichtig, dass die von ihm konsumierten Lebensmittel aus ökologischer Herstellung stammen, betonte Pfarrer Konrad.

Nicht nur der technische Fortschritt in Richtung Nachhaltigkeit sei wichtig, sondern die Möglichkeit für den Verbraucher, ihn sich auf einfache Weise zu beschaffen, meinte der Landrat. Dr. Konrad plädierte dafür, den Naturschutz auch vom Zugang des Emotionalen, Ästhetischen, Spirituellen her zu betrachten und Schmidt wies auf die umfangreichen Umweltbildungsprojekte hin, mit denen der Naturpark und die Umweltstation Viechtach seit Jahren erfolgreich seien, während Dr. Widmann meinte, wichtig sei, den Schwarzen Peter nicht anderen zuzuschieben.

„Jeder muss selber ran!“ meinte er. Es brauche Politiker, die die nachhaltige Lebensweise zum Jahrhundertthema erheben und nach dem „Wimpernschlag fossiler Entgleisung“ die Rückbesinnung auf lebensschonende Nachhaltigkeit verfolgen.be 

Zurück