Fahrradverkehr in Viechtach vernachlässigt

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Vortrag von Radclub-Vorsitzendem Walter Radtke – Stadt soll für mehr Sicherheit sorgen

Stefan Muhr 

Viechtach. Mal eben mit dem Auto zum zwei Kilometer entfernt liegenden Supermarkt fahren oder die Großeltern besuchen? Für einen Großteil der Menschen ist das eine bequeme Lösung. Aber es geht auch in Kleinstädten wie Viechtach ohne vier Räder, wie Walter Radtke, stellvertretender Landesvorsitzender des Allgemeinden Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) am Mittwochabend im Alten Rathaus erklärt hat. Der Besuch des Infoabends mit Diskussionsrunde war mit elf Besuchern eher mau.

Nach einer Begrüßung durch Kreisrat Heinrich Schmidt stellte sich der Referent kurz vor. Walter Radtke wohnt in Neu-Ulm und seine Tätigkeit sei durch Herzblut sowohl zur Region als auch zum Radfahren geprägt. Er verbrachte seine ersten neun Lebensjahre im Landkreis Regen und auch heute noch machen seine Frau und er zweimal pro Jahr Urlaub im Bayerwald und fahren dort Rad. Auf seinen Reisen und bei seiner Arbeit im ADFC sowie im Arbeitskreis „Fahrradfreundliche Kommune“ in Neu-Ulm sei ihm eines klar geworden: „Es braucht keine Großstadt, um fahrradfreundlich zu sein.“

Die Nachteile vor allem des Zurücklegens kurzer Strecken mit autos seien laut des Experten mannigfach. „Der Klimawandel ist spürbar – auch im Bayerischen Wald“, sagte Radtke. 17,4 Prozent der CO2-Menge, die die Ozonschicht belastet, stamme von Autonutzern, für ein Drittel davon sei das Zurücklegen von Strecken unterhalb von sechs Kilometern verantwortlich. Auch Feinstaub und der Lärm führen laut Radtke zu einer immer größer werdenden Belastung für Mensch und Umwelt.

„Wir leben in einer autozentrierten Gesellschaft“, sagte der Experte. Er wolle zumindest den Anstoß geben, vom PKW wegzukommen und umweltfreundlichere Transportmöglichkeiten zu nutzen. Denn vor allem für ältere Menschen, die keinen Führerschein (mehr) hätten, sei das Fahrrad die beste Möglichkeit, auch auf dem Land mobil zu sein. Behördengänge oder Einkaufen – das Zweirad mache es möglich.

Aber auch gesundheitliche und mentale Vorteile bringe das Fahrradfahren mit. „Seit ich mich vom Auto unabhängig fühle, hat sich meine Lebensqualität deutlich gesteigert“, sagte der ADFC-Vertreter. Deshalb wolle er auch ab Dezember komplett auf seinen eigenen Wagen verzichten.

Dieser stehe ohnehin drei Monate pro Jahr ungenutzt in einer Tiefgarage, was Radtke zum nächsten Vorteil einer Fahrrad-Gesellschaft brachte. „Ein Autonutzer braucht in der Regel zwei Stellplätze: Einen bei der Arbeit und einen zu Hause. Auf einen Autoparkplatz passen bis zu zehn Fahrräder“, behauptete der Experte. Dies berge auch Chancen für die Kommunalpolitik.

Wenn Bürgermeister und Stadträte Vorbilder wären und ebenfalls aufs Auto verzichten würden, dann könnte auch die Jugend bewegt werden, mehr mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, meinte er. Dieser These stimmte auch eine Zuschauerin zu, die zuvor sagte: „Man hat sich das Fahrradfahren abgewöhnt – vor allem Kinder und Jugendliche.“

Es wäre laut Radtke wichtig, dass man als Stadt, Markt oder Gemeinde einen möglichst sicheren Raum für Fahrradfahrer schaffe. „Das Fahrrad ist in Viechtach nicht präsent“, kritisierte der Experte. Die Topographie des Ortes sei ein Faktor, aber diesem wäre durch E-Bikes oder Pedelecs, also elektrische Räder, beizukommen.

Im Stadtkern von Viechtach herrscht zwar eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 20 Kilometer pro Stunde, aber vor allem die Zufahrtsstraßen wie die Schmid- oder die Mönchshofstraße seien nicht ausreichend für Fahrradfahrer gesichert. Das müsse man ändern, wenn man mehr Menschen zum Zweiradnutzen motivieren wolle, fand Radtke.

Die Zuschauer waren sich dessen nicht sicher, denn es würde sich selbst im Stadtkern kaum jemand daran halten, wurde geäußert. Radtke konterte, dass dadurch aber zumindest ein Gefühl der Sicherheit erweckt werde. Außerdem gebe es Möglichkeiten, wie die Stadtverwaltung die Sicherheit der Radfahrer verstärken könne, zum Beispiel durch Schutzstreifen am Straßenrand.

Sigrid Weiß, Kreisrätin und Stadträtin aus Zwiesel, berichtete von ihren Erlebnissen als Mitwirkende in einem Arbeitskreis für die Radkreuzungsstadt Zwiesel. Das dort geplante Fahrradleitsystem sei an der Räum- und Streupflicht gescheitert, denn ein Gehweg sei durch die Anwohner, ein Radweg hingegen durch die Gemeinde sicher zu halten.

Wolfgang Schlüter, Initiator des Vortrags und Sprecher des Arbeitskreises Energie und Verkehr, sah zwar ebenfalls das Problem in der bergigen Bayerwaldstadt, aber er betonte: „Es bewegt sich was in der Mobilität.“ Es werden seiner Ansicht nach immer mehr Radfahrer. Aufgabe der Stadt sei es nun, den Radlern mehr Rechte einzuräumen, damit sich das Radfahren in der Region vom Sport- weg und zum Gebrauchsfaktor hin bewege.

Neben dem Referenten hatte Heinrich Schmidt auch Naturpark-Gebietsbetreuer Matthias Rohrbacher und Bürgermeister Franz Wittmann begrüßen können. Im Anschluss an den Vortrag konnten die Anwesenden Vor- und Nachteile sowie Möglichkeiten diskutieren. Dabei spielte auch das Ziel, Radfahren und Bahn-Probebetrieb zu kombinieren, eine Rolle.

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